Also, ich bin ehrlich: Das habe ich unterschätzt. Zum Ende des Tages stehe ich auf der Halde Rheinelbe und habe einen fantastischen Blick auf das Wattenscheider Lohrheidestadion. Das war auch mein Ansinnen, aber selbst von hier sehe noch ich die VELTINS-Arena. Den Besuch der Halde Hoheward und den der Halde Haniel habe ich aus Zeitgründen gecancelt und dennoch könnte ich einen eigenen Reiseführer über Orte mit Blick auf die Heimat des FC Schalke 04 schreiben – und das, obwohl ich manchmal auf der Suche nach einem Postkartenmotiv für ganz andere Stadien war.
Herne – der Ruhrgebietsmittelpunkt mit legendärem Stadion & dem Ausblick auf die Arena auf Schalke
Wie in Herne. Hier beginnt meine heutige Reise, nachdem ich so stadionnah wie nie zuvor im Bochumer „Moxy“ geschlafen und gefrühstückt habe. Ich fahre gut zwanzig Minuten über die A40 zum Aussichtsturm der Zeche Pluto. Zum Parken bieten sich in der Thiesstraße ausreichend Möglichkeiten, entweder im Wohngebiet, oder auf den Besucherparkplätzen der Innospec GmbH. Meine Hoffnung beim Aussteigen: Dass mir auf der Aussichtsplattform der Wind der Oberliga West um die Nase weht und ich das Stadion am Schloss Strünkede sehen werde.
Der Fußweg dauert gut zehn Minuten und um mir die Zeit zu verkürzen, stimme ich mich auf meinem Smartphone in die Materie ein. Das Herner Stadtmagazin „In Herne“ schreibt: „Von ganz oben hat man einen sagenhaften Ausblick“. Das lässt mich hoffen, dann lese ich weiter: „Auf das Zentrum von Wanne, das Essener Rathaus, das Fördergerüst der Zeche Consol, auf Schalke“. Und obwohl die Aufzählung an dieser Stelle noch nicht zu Ende ist, denke ich mir: „Schalke?“ Wenige Minuten später besteige ich den Turm und weiß: „Schalke!“ Dagegen nichts zu sehen von dem Stadion, in dem Hans Tilkowski früher durchs Tor flog.
Ruhr vor dem Sturm in den Berger Anlagen
Mein nächster Halt ist das Ehrenmal Gelsenkirchen-Buer. Dafür parke ich in der Straße „Zum Ehrenmal“, von hier aus sind es nur wenige Meter bis zu der kleinen Anhöhe in den Berger Anlagen, auf der das Ehrenmal steht. Sicherlich ist die Aussicht keine aus der Vogelperspektive, dafür liegt das Stadion, das zur EURO 2024 den Namen „Arena auf Schalke“ tragen wird, mit dem Berger See im Vordergrund geradezu malerisch vor mir.
Wer vor dem Gang in die rund anderthalb Kilometer entfernte Arena noch einmal Kraft tanken möchte, der findet in den Berger Anlagen die nötige Ruhe vor dem Sturm. Für ein Stadion-Foto, das weniger durch seine Perspektive und viel mehr durch das Drumherum bestechen soll, ist das Ehrenmal eine gute Adresse.
Stilleben mit Arena & Industriecharme
Ich könnte in Gelsenkirchen bleiben und den Nordsternturm besuchen.* Obwohl das Fürstenbergstadion des früheren Oberligisten STV Horst Emscher nur fünf Autominuten vom Nordsternturm entfernt liegt, ist es von der 83 Meter hohen Aussichtsplattform nicht zu sehen – die VELTINS-Arena dagegen schon. Sie befindet sich in vier Kilometer Entfernung und wer sie von hier oben fotografieren möchte, bekommt den Industriecharme gratis dazu.
Testsieger-Blick von der Halde Rungenberg
Ich könnte aber auch dem Tipp von Klaus Herzmanatus folgen und die Rungenberghalde besuchen. Klaus muss es wissen: Er betreibt am Fuß der Halde in der Siedlung Schüngelberg „Das kleine Museum“ und sagt: „Von der Rungenberghalde sieht man die Arena perfekt.“ In der Eschweilerstraße, in der sich auch das Museum befindet, stelle ich das Auto ab. Jetzt liegen zwischen mir und der von Klaus angekündigten Perfektion nur noch 300 Treppenstufen, die ich bewältigen muss, um auf die 115 Meter hohe Halde zu gelangen.
Oben angekommen bieten sich zwei weitere Wege und damit zwei Optionen, um dem Himmel noch etwas näher zu sein. Was sich mir auf den ersten Blick nicht erschließt, erklärt mir die Seite gelsenkirchen.de: „Hier wurden zwei Spiegelscheinwerfer so installiert, dass sich ihre Strahlen in der Mitte der Pyramide in einem Punkt schneiden und zusätzlich den natürlichen Böschungswinkel der Halde aufgreifen. Die Strahlen formen so eine künstliche Spitze der Pyramide.“
Für Kunstinstallationen bin ich aber nicht hier, und was sich schon beim Aufstieg angedeutet hat, wird bestätigt: Die VELTINS-Arena liegt hier so makellos vor mir wie Kate Winslet vor Leon di Caprio in „Titanic“ – das ist zweifelsohne der Testsieger! My heart will go on!
Auf einen Kaffee nach Duisburg
Auf den gesetzten Haken hinter die VELTINS-Arena gönne ich mir etwas Kulinarik, fahre über die A40 nach Duisburg und komme natürlich auch an Essen vorbei. Dass ich hier nicht anhalte, hat einen guten Grund: „Das kannsde dir sparen“, sagt der Ruhrgebiets-Fußball-Allwissende Roland Sauskat**, „die Hafenstraße von oben, das gibt’s nicht“. Also: Duisburg. Hier wurden mir zwei Cafés empfohlen, die relativ direkt nebeneinander in der Wallstraße liegen: Das „Evergreen“ und das „Pollok“. Beide sind urgemütlich, bei beiden gibt es guten Kuchen, beide habe ich aber nur gespeeddated. Meine Empfehlung ist aufgrund des besseren Kaffees das „Pollok“. Der Besuch der Wallstraße ist aber noch aus einem anderen Grund empfehlenswert: Zwischen beiden Cafés liegt mit dem „Onkel Stereo“ der perfekte Laden für ein Souvenir aus Duisburg.
Zwar kein Stadionblick, aber dennoch eine Reise wert: Tiger & Turtle
In akademischen 15 Minuten bin ich in der Ehinger Straße und fünf weitere Gehminuten später befinde ich mich auf einem „der am meisten fotografierten und am meisten publizierten Motive der neueren Zeit“: „Tiger & Turtle – Magic Mountain“. Vermutlich bin ich der erste Mensch, der die begehbare Achterbahn mit dem Begehr besteigt, die Schauinsland-Reisen-Arena zu entdecken. Und wenn man ehrlich ist: Man kann sich zwar durch den Turm der Sportschule Wedau (der vielleicht die bessere Option für ein Panorama-Foto gewesen wäre) gut orientieren, sieht aber nur das Dach des Stadions. Das macht den Besuch etwas ambivalent, denn zum Pflichtprogramm gehört „Tiger & Turtle“ auf alle Fälle, aber eben nicht, wenn man das Duisburger Stadion sichten möchte.
Immer wieder: Die Arena auf Schalke
Bevor ich zurück ins „Moxy“ fahre, mache ich noch einen Abstecher in den Bochumer Stadtteil Wattenscheid. Die Halde Rheinelbe gehört offiziell zu Gelsenkirchen-Ückendorf, liegt aber zentral zwischen Gelsenkirchen und Wattenscheid. Ich parke in der Leithestraße und brauche irgendwas zwischen fünf und zehn Minuten, bis ich das Ruhrgebiets-Stonehenge erreicht habe.
Auf der einen Seite sehe ich das Stadion der SG Wattenscheid 09, in dem von 1990 bis 1994 Erstligafußball gespielt wurde und in dem mehrere Leichtathletik-Meisterschaften ausgetragen wurden.
Auf der anderen Seite geht die Sonne unter, die irgendwann im Laufe des Tages ihren Weg durch die Wolken gefunden hat. Neben ihr ruht die VELTINS-Arena. Mal wieder.
Hier findest Du weitere Fußball-Artikel von Sascha Kurzrock auf unserem Blog! Teil 1 der „Stadien von oben“-Reihe liest Du hier.