Hallo ich bin Ben Zwiehoff, 26 Jahre alt, Radprofi und komme aus Essen. Seit dem Jahreswechsel bin ich nicht mehr nur in den hiesigen Wäldern, sondern vermehrt auf den Straßen und Radwegen des schönen Ruhrgebiets unterwegs. Denn in diesem Jahr beginnt für mich ein neues Kapitel: vom Mountainbike aufs Rennrad. Von Centurion-Vaude zu Bora-Hansgrohe. Ein für mich sehr spannender Wechsel in einer turbulenten Zeit. Das Jahr 2020 war für uns alle sehr speziell und neu. Coronabedingt waren wir gezwungen uns anzupassen. Mein Eindruck, vor allem an schönen Sommertagen, war folgender: Die Menschen entwickelten wieder ein Auge für die kleinen Schätze des Ruhrgebiets. Im täglichen Training begegneten mir immer mehr Outdoor-Begeisterte, die das Fahrrad für sich (wieder-)entdeckt haben. Insofern ist das Thema „Rad im Revier“ oder auch einfach radrevier.ruhr wohl aktueller als jemals zuvor!
Meine Lieblingsrunde mit dem Gravel-Bike
Deswegen freut es mich sehr, dass ich euch als Testimonial des radreviers mal wieder mit auf eine meiner absoluten Lieblingsrunden nehmen darf. Heute dreht sich mein Artikel um das Thema Gravel. „Gravel“ – das bedeutet frei übersetzt „Kies“ und meint nichts anderes als ein Fahrrad, mit dem man neben den normalen Straßen auch Schotter-, Feldwege und kleinere Trails befahren kann. Für mich als ehemaliger Mountainbike- und angehender Straßenprofi ist „graveln“ quasi die Kombination aus meinem alten und meinem neuen Job. Ich selbst nutze im Training häufig Reifen, die sich zum Graveln eignen und mit denen man auch guten Gewissens mal das eine oder andere Schotterstück übersteht. Ein normaler Rennrad- oder Alltagsreifen ist mir da einfach zu pannenanfällig. Insofern kann ich auch Euch nur empfehlen, auf die richtige Bereifung zu achten. Mit handelsüblichen E-Bikes, Trekkingrädern, Mountainbikes oder wirklich echten Gravel-Bikes ist meine Lieblingsrunde aber ohne Mühe zu schaffen!
Los geht´s am Kemnader See in Bochum
Wir starten am idyllischen Kemnader See an der Grenze zwischen Bochum und Witten. Dort gibt es einen großen Parkplatz, an dem man sein Auto bequem abstellen kann, um von dort aus mit dem Bike „loszugraveln“. Das Angenehmste daran, dass das Ruhrgebiet von einem sehr langen Fluss durchflossen wird, ist die Tatsache, dass man sich immer leicht orientieren kann. Darüber hinaus ist der RuhrtalRadweg hervorragend beschildert, was auch in Zeiten von Fahrradcomputern, die mehr Funktionen besitzen als so manches Smartphone, durchaus praktisch sein kann.
Ich folge dem Ruhrtalradweg also in Richtung Witten, Wetter und Dortmund. Bereits wenige hundert Meter nachdem ich den Radweg am Kemnader See verlassen habe, erreiche ich ein erstes Highlight. Direkt am Leinpfad gelegen verbindet die „ruhrtalFähre Hardenstein“ die Schleuse Witten Herbede mit der Burgruine Hardenstein. In den Monaten April bis Oktober fährt sie zwischen 10 und 18 Uhr. Das Besondere dabei: die Fährleute tun dies ehrenamtlich und würden sich daher sicher über eine kleine Spende freuen.
Von der Burgruine Hardenstein weiter nach Wetter
Einmal auf der anderen Ruhrseite angelangt bestaune ich die Burgruine Hardenstein. Diese lasse ich allerdings schon bald rechts liegen und folge weiter dem RuhrtalRadweg. Spätestens hier weiß ich, warum ich die Gravel-Reifen aufgezogen habe. Es handelt sich auf diesem Abschnitt um einen gut befahrbaren Schotterweg, der mir in meinem jugendlichen Leichtsinn aber schon den einen oder anderen Rennradplatten beschert hat. An der Zeche Nachtigall vorbei und entlang der alten Bahnstrecke nach Witten-Bommern/Albringhausen folgen wir dem RuhrtalRadweg bis nach Wetter. Highlight dieses Teilstücks ist sicher der Anstieg kurz vor Bommern. Hier kreuzt der Weg die Bahnstrecke. Eine Unterführung bringt mich in ein zwar kurzes, aber steiles, (S)Teilstück. Hat man diesen Aufstieg gemeistert und auch die Abzweigung wenige hundert Meter später gefunden, wird man mit einem gut asphaltierten Weg direkt am Fluss belohnt.
Steile Auf- und Abfahrten in Dortmund
In Wetter überquere ich die Ruhr und durchquere die kleine Altstadt. Leider ist der Radweg in Richtung Herdecke zum Zeitpunkt meiner Tour geschlossen. Laut Auskunft der Bauarbeiter soll sich dies noch bis Sommer 2021 ziehen. Eine Umleitung ist aber ausgeschildert. In Herdecke angekommen folge ich den Radwegschildern in Richtung Dortmund-Zentrum. Ganz gleich welchen Weg man an dieser Stelle wählt: Um unser Highlight der Runde, den Phoenix See und das alte Gelände der Zeche Phönix West, zu erreichen muss ich nun knapp 150 Höhenmeter „aufsteigen“. Den nahenden Kaffeestop am Phoenix See vor Augen sind die Höhenmeter aber nicht der Rede wert. Das Schöne an dieser Stelle ist, dass man sowohl die Straße als auch kleinere Waldwege benutzen kann. Die Hauptsache ist, dass ich irgendwann oben am Golfplatz in Hohensyburg ankomme. Von hier aus geht es nur noch bergab in Richtung Phoenix See. Hier habt Ihr eine tolle Aussicht über ganz Dortmund und könnt bereits das Hoesch-Gasometer erblicken. Und genau hierhin führt meine Graveltour. Entlang der B54 folge ich nun einfach den Radwegschildern in Richtung Hörde. Aufpassen: Der Radweg kreuzt die Aus- sowie Auffahrten auf die Bundesstraße. Seid vorsichtig beim Überqueren!
Strukturwandel „erfahren“
Kurz bevor die B54 den Signal-Iduna-Park erreicht, biege ich rechts ab und befinde michdirekt auf dem Phönix-West-Gelände. Hier könnt Ihr eindrucksvolle Industriekultur bestaunen. Mich erinnert das alte Hochofenwerk immer ein wenig an die Zeche Zollverein in Essen. Nicht ganz so groß, aber genauso schön. Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung zum wunderschönen Phoenix See. Dieser künstlich angelegte See auf dem ehemaligen Stahlwerksgelände dient beispielhaft dem Strukturwandel im Ruhrgebiet. Aus der ehemaligen Industrie wurde innerhalb von ein paar Jahren ein hippes Viertel. Es kombiniert die Naherholung der größten Ruhrgebietsstadt mit modernem Wohnen und Arbeiten. Auch die Gastronomie am See hat es in sich! Es gibt kaum eine angesagte Franchise-Kette, die man hier nicht findet. Mein Insider-Tipp: Kaffee und Kuchen bei Espresso Perfetto. Dieser kleine Store für Kaffeeliebhaber liegt zwar nicht direkt am See, hat aber den besten Espresso. Wer gerne gemütlich am See sitzen und vielleicht auch etwas essen möchte, kann es mal beim neueröffneten Bocca versuchen. Italienisch-modern, einfach, gut!
Bahntrassenradeln zum Uni-Viertel
Aber jetzt genug geschlemmt – ab zurück aufs Rad und weiter geht’s. Der Rückweg zum Kemnader See geht nach erfolgreicher Stärkung leicht von der Hand. Vom Phoenix See folge ich einer ehemaligen Bahntrasse in Richtung Romberg-Park. Die Brücke bringt mich ohne Ampel über die B54 am Westfalenstadion und der BVB-Fanwelt vorbei. Über ein kurzes, aber sehr schönes Gravel-Stück fahre ich ins Uni-Viertel. Wer mag, kann sich hier den Campus der TU Dortmund ansehen. Am Wochenende ist es hier auch schön leer, sodass man die Durchfahrt genießen kann.
Naturnah zurück zum Kemander See
Zwei Kilometer später verlasse ich Dortmund bereits wieder und erreiche Witten Stockum. Hier spürt man die Besonderheit des Ruhrgebiets. In einem Moment ist man noch mitten in der Stadt, im anderen fühlt man sich wie im Sauerland. In Stockum halte ich mich wieder links in Richtung Ruhr. Über wunderschöne Felder führt mich der Weg wieder ins Muttental und zur Zeche Nachtigall. Wer noch nicht genug von der Fähre bekommen hat, fährt über die Nachtigall-Brücke auf die andere Ruhrseite und benutzt zum Abschluss der Tour erneut die Hardenstein-Fähre, alle anderen folgen den letzten zwei Kilometern in Richtung Kemnader See.
Mein Fazit zur Gravel-Runde
Das war sie also – meine Lieblings-Gravel-Runde rund um Dortmund. Ich liebe die Kombination aus Stadt, Land und Fluss. Sie verbindet all das, wofür das Ruhrgebiet steht und sie zeigt den Menschen die Schönheit unseres Reviers! Viel Spaß beim Fahren, passt auf Euch auf und bleibt gesund!
Ride On,
Euer Ben
Ein Artikel von Ben Zwiehoff
Hallo, mein Name ist Ben Zwiehoff. Ich bin Rennrad-Profi für das deutsche World-Tour-Team Bora-Hansgrohe, komme aus dem Herzen des Ruhrgebiets, aus Essen Steele, und bin seit einigen Jahren offiziell als Testimonial für das radrevier.ruhr tätig. In meinem täglichen Training nehme ich nicht selten mehr als 100 Kilometer der feinsten Ruhrpott-Radwege unter die Stollen und kenne das Revier so gut wie meine Westentasche. Als ehemaliger Mountainbikeprofi ist das Biken natürlich weiterhin meine große Leidenschaft! Gerne kombiniere ich auch meinen alten und meinen neuen Job – was dabei rumkommt? Die feinsten Gravel-Touren des Reviers.
Hm, hat mir Gravel ja eher weniger zu tun. Als Ortskundiger kann man dahingehend bessere Alternativen ohne derart hohen Anteil an Straßen einbauen.
Schade, dass man die Tourdaten nicht kostenlos runterladen kann. Bei Komoot muss man die Karte freischalten lassen. Mal schauen, ob wir sie trotzdem mal nachfahren. Es ist jedenfalls ein schöner Tourenvorschlag. Vielen Dank!