An Pfingsten wollen die meisten Leute raus – raus in die Natur, raus aufs Land. Auch ich wollte unbedingt raus aus der Stadt und einfach mal den Kopf frei kriegen. Da ich keine Lust hatte, mit dem Auto irgendwo hinzugurken und noch weniger Lust hatte, ein 9-Euro-Ticket im Pfingstansturm auf die Deutsche Bahn zu testen, habe ich geschaut, was denn so alles in der Nähe liegt und entspannten Radgenuss bieten könnte. Mein Blick auf die Radkarte des Knotenpunktsystems wanderte schnell nach Norden, weil ich dort bisher eher seltener war.
Schnelle Planung mit dem radtourenplaner.ruhr
Nachdem die grobe Richtung klar war, hab ich an meinem Rechner den radtourenplaner.ruhr geöffnet. Starten wollte ich im Bereich Oberhausen und irgendwie zwischen 60 und 80 Kilometer radeln. Wenn man auf dem offiziellen Knotenpunktsystem bleiben will und „schönste Route“ ausgewählt hat, kann man sich dann ganz schnell die Knotenpunkte anklicken und sieht wie lang die Tour wird. Man muss auch gar nicht jeden Knotenpunkt anklicken, sondern einfach grob die Tour abstecken, den Rest macht die Software.
Meine erste Planung war für meinen Geschmack etwas zu kurz, daher das Ganze gleich nochmal bis hoch nach Dorsten und über die Kirchheller Heide wieder zurück – perfekt. Man sieht auch gleich das Höhenprofil, sodass jeder für sich auch gut entscheiden kann, ob das etwas für einen sein könnte.
Komoot als Back-Up
Da ich ein leidenschaftlicher Komoot-Nutzer bin, habe ich mir die GPX Daten auch zur Sicherheit mal schnell in meinen Komoot Account geladen. Denn ja, auch wir wissen, dass unser Tourenplaner manchmal leider so seine Macken hat. Als Planungstool für das Knotenpunktsystem ist er aber super, denn da plant Komoot meistens doch etwas „kreativer“ abseits der eigentlich gewünschten Wege. Wer Komoot nicht hat, kann sich auch mit dem kostenlosen radtourenplaner.ruhr wunderbar vor Ort navigieren lassen. Und gerade bei dieser Tour sollte jeder auch eine gute Karte oder halt eine digitale Navigation dabei haben, denn sowohl in den Städten als auch auf dem Land kommt es leider immer wieder vor, dass Wegweiser fehlen oder man sie auch einfach schnell beim Vorbeiradeln übersieht.
Startort ist das Haus Ripshorst in Oberhausen
Das Haus Ripshorst ist ein idealer Startort. Im Besucherzentrum kannst du dich noch schnell mit einem Kaffee oder Kaltgetränk für die Tour stärken und gleichzeitig über das ländliche Ruhrgebiet informieren. Wer noch ein Rad benötigt, kann an der angeschlossenen RevierRad-Station ein passendes Rad ausleihen. Auch E-Bikes können hier nach Vorreservierung gemietet werden. Wer mit dem Auto anreist, findet vor dem Haus Ripshorst einen größeren Parkplatz. Bei der Anreise mit der Bahn könnte man (je nach Herkunft) entweder den Bahnhof in Bottrop oder Dorsten wählen.
In jedem Fall sollte man sich (auch bei Regenwetter wie bei mir) kurze Zeit für die schönen Gärten am Haus Ripshorst nehmen.
Urbanes Land-Radeln schon gleich zu Beginn
Ich habe noch schnell die Regenschauer abgewartet, dann ging es los über die Ripshorster Brücke zum Knotenpunkt 7. Ab hier funktioniert mein Routing über den radtourenplaner.ruhr. Wer will, kann dies übrigens auch ohne Registrierung machen. Dann einfach hier vor Ort nochmal schnell die Tour über die wichtigsten Knotenpunkte zusammenklicken und unten auf „Navigieren“ klicken.
Durch eine Industriebrachfläche hindurch passiere ich schnell die Burg Vondern, bevor es weiter Richtung Bottrop geht. Obwohl ich noch mitten im Pott bin, kommt schon hier in mir angenehmes Land-Feeling hoch. Denn es geht vorbei an Wiesen und Feldern und die Ortschaften am Wegesrand sind eher klein und beschaulich. Am Bahnhof in Bottrop wird es kurz etwas wuselig, aber auch da ist man schnell hindurchgeradelt. Über ein ganz frisch ausgebautes Teilstück einer Bahntrasse fahre ich auf den Tetraeder zu, während ich rechts den Zechenturm von Prosper II sehe.
Optional: Eine sportliche Haldenrundfahrt
Da meine Zeit heute begrenzt ist, verbleibe ich auf dem Rundkurs auf dem Knotenpunktsystem. Wer möchte, kann diese Radtour aber auch um die ein oder andere Aussichtsplattform erweitern oder gar eine sportliche Haldentour draus machen. Denn mit dem Tetraeder und dem alpincenter sowie gleich mehreren Halden in den Brauker Alpen in Gladbeck sowie der gewaltigen Halde Haniel am Ende der Tour liegen gleich mehrere fordernde Bergwertungen direkt am Wegesrand.
Mich zieht es wie gesagt weiter. Durch die tolle Gartenstadt Welheim rolle ich immer gerne hindurch und ich bleibe heute auch ganz entspannt am Fuße der Brauker Alpen. Sehenswürdigkeiten müssen ja nicht immer sein, manchmal will man auch einfach nur entspannt übers Land radeln.
Mit dem Rad durch Gladbeck
Ich passiere die B 224 – als Autofahrer fühlt man sich hier immer mitten im Pott. Mit dem Rad ist man dagegen schon nach wenigen Metern mitten auf dem Land angekommen.
Über ein prächtiges Kornfeld blicke ich am Horizont erneut auf den Tetraeder und realisiere, wie nah hier die Großstadt und das Landleben tatsächlich beieinander liegen.
Wenig später überquere ich die A 2 und erreiche schnell das Wasserschloss Wittringen mit seiner weitläufigen Parkanlage. In Verenas Artikel erfährst Du übrigens mehr über „Die Fotogensten Schlösser im Ruhrgebiet„.
Noch ein paar Pedalumdrehungen weiter und ich erreiche das Zentrum von Gladbeck mit etwas Kunst am Wegesrand und einem schicken Rathaus. Für eine Weile bin ich wieder beim urbanen Radeln, was hier aber vollkommen ok ist. Eigentlich wollte ich mir die Maschinenhalle Zweckel anschauen. Da man dort aber außerhalb von Veranstaltungen nicht wirklich auf das Gelände kommt, lohnt sich dieser Abstecher nicht wirklich und es geht für mich weiter nach Norden.
Popkorngeruch mitten im Wald
Ich gelange in ein nettes Wäldchen und plötzlich habe ich statt Tannennadelgeruch Popkorn in der Nase. Für einen Moment bin ich sehr irritiert, bis schließlich eine donnernde Achterbahn etwas neben mir vorbeirauscht und mir klar wird, dass ich gerade quasi hinter dem Movie Park Germany entlang radel. Doch direkt dahinter öffnen sich wieder die weiten Felder und ich kann das Landleben wieder in Ruhe genießen.
Der nördliche Wendepunkt: Dorsten
Entlang der Bahnstrecke gelange ich schnell nach Dorsten. Am Bahnhof vorbei geht es in die Innenstadt mit netten Cafés und dem schönen Wassergraben direkt im Zentrum. Kurz danach stehe ich am Wesel-Datteln-Kanal, der mich eine Weile nach Westen begleiten wird.
Während auf der linken Seite die dicken Pötte über den Kanal schippern, verläuft auf der rechten Seite die Lippe durch eine schöne Auenlandschaft. Der Biergarten „Anne Bänke“ gehört zu den kultigen Radlerstops am Wegesrand. Danach verläuft das Knotenpunktsystem auf einem asphaltierten Weg hinter dem Deich. Ich empfehle dir eher den Weg links davon direkt am Kanal zu wählen. Der ist zwar nicht ganz so gut ausgebaut, dafür radelst du aber direkt am Wasser.
Ab Gahlen geht’s wieder nach Süden
Am Knotenpunkt 72 biegt die Tour wieder nach Süden ab Richtung Kirchheller Heide. Sollten deine Füße hier schon glühen, verspricht eine nett angelegte Kneippanlage rechts als Abstecher in der Straße Im Aap eine frische Erholung. Ansonsten radelst du über rote Backsteine durch das beschauliche Gahlen hindurch. Direkt hinter dem Ortsausgangsschild startet dann der intensivste Landgenuss der gesamten Tour.
Immer wieder wechseln sich gerade im Juni prächtige Getreidefelder mit tollen Waldgebieten ab. Die Strecke ist komplett asphaltiert und auch bei Rennradfahrer:innen sehr beliebt.
Obwohl es Pfingstmontag ist, sehe ich nur wenige andere Ausflügler:innen, was diese Ecke vor allem für Menschen interessant macht, die die überfüllten Hotspots der Region lieber meiden wollen.
Die Seen in der Kirchheller Heide
Ein kurzes Stück an der Dinslakener Straße ist nicht so toll. Hier kommt man dem Straßenverkehr leider etwas zu nah. Aber schnell kann ich wieder abzweigen hinein in die Kirchheller Heide. Zunächst passiere ich den Heidhofsee und wenig später den Heidhof als wichtiges Waldkompetenzzentrum des Regionalverbandes Ruhr.
Dann folgt mit dem Pfingstsee einer meiner persönlichen Lieblingsorte. Noch immer befindet sich der See als Folge der Bergsenkung durch den Steinkohlenbergbau im Entstehungsprozess. Abgestorbene Baumstämme stehen mitten im See und machen ihn in meinen Augen zu einem magischen Ort. Etwas später folgt noch der Heidesee.
Zurück in den Großstadttrubel
An der Grafenmühle gelange ich wieder in den Trubel der Menschenmenge. Zahlreiche Gastronomiebetriebe beköstigen die Ausflügler, die gerne auch mit dem Motorrad direkt vorfahren. Sandra und Katalina hatten hierhin ja ihren Radausflug gemacht.
Am Fuße der Halde Haniel vorbei geht es durch ein nettes Waldgebiet zur Zeche Prosper Haniel. Am Ende der Radtour bekommt also auch die Industriekultur ihren gebührenden Anteil. Über die Jacobitrasse fahre ich entspannt nach Oberhausen und mit jeder Pedalumdrehung gelange ich wieder mehr in die Urbanität des Ruhrgebiets.
Die Zeche Osterfeld im OLGA Park und der Gasometer Oberhausen sind dann quasi das Tor zurück in die Metropole Ruhr. Am Rhein-Herne-Kanal rolle ich die letzten Meter aus, bis ich zurück am Haus Ripshorst bin.
Mein Fazit – eine nette Landpartie
Es muss ja nicht immer die vollgepackte Sightseeing-Runde von einem Besucherhotspot zum nächsten sein. Wer einfach mal in Ruhe etwas radeln gehen und überfüllte Standorte meiden möchte, findet auf dieser Tour durchs nördliche Ruhrgebiet viele schöne Ecken. Der radtourenplaner.ruhr hat mich dabei verlässlich auf dem Knotenpunktsystem geleitet. Mit der RevierRoute „Landpartie“ gibt es übrigens noch eine vergleichbare Runde durch die Felder und Wälder des nördlichen Ruhrgebiets. Bei Bedarf lässt sich die Tour aber auch um die ein oder andere Sehenswürdigkeit erweitern. Wenn du einfach mal raus aus der Stadt willst, ist diese Tour eine schöne Möglichkeit und ich wünsche dir wie immer viel Spaß beim Nachradeln!
Leider hat auch komoot seine Macken. Und zwar schwerwiegende…! Geplante Touren führen zb. über Landstraßen, wo Autos mit bis zu 80km/h an einem vorbeifahren (dürfen), anstatt auf dem Radweg 10m daneben.
Oder über Wirtschaftswege zwischen Feldern, wo das Grünzeug einen halben Meter hoch ist und eigentlich nur der Bauer mit seinem Traktor durchkommt.
Gefährlich und frustrierend zugleich!