Ganz aktuell: Wegen der Auswirkungen des Corona-Virus (COVID.19) werden momentan Fußballspiele abgesagt bzw. finden vor leeren Rängen statt – daher bringt Euch der Artikel vielleicht wenigstens ein klitzekleines Bissken von der Stimmung rüber, die normalerweise vor und während eines Revierderbys herrscht. Wir hoffen, dass schon in Kürze die Ränge wieder voll und die Stimmung wieder gut sein wird und beschränken uns bis dahin auf Fernsehen im Freundeskreis & Co.
Ein Blick zurück in die Historie
Im Ruhrgebiet stellt sich – zumindestens laut Frank Goosen – die Frage eigentlich nicht, kein Fan eines Ruhrgebiets-Fußballvereins zu sein! Natürlich scheiden sich die Geister, welchem Verein man sein Herz schenkt – oft ist das jedoch bereits in die Wiege gelegt, denn in vielen Familien im Ruhrgebiet herrscht ein regelrechter Vereinskult. Durch die Vielzahl an Dritt-, Zweit- und Erstligisten in der Region ziehen sich – besonders in der ersten Liga – an bestimmten Spieltagen und in Vorbereitung auf diese jedoch tiefe Gräben durch das Revier. Es geht um „Das Derby“ – das Duell zwischen dem Gelsenkirchener Verein Schalke 04 und dem Dortmunder BVB 09. Schon die Farben könnten unterschiedlicher nicht sein – da steht blau – weiß gegen schwarz-gelb. Woher kommt die Rivalität? Und warum ist siegreich aus dem Derby hervorzugehen fast schon genauso wichtig, wie die Meisterschaft zu gewinnen?
Fakt ist: Es gab Zeiten, in denen ließen sich die Vereine sich gegenseitig hochleben! Gewendet hat sich das Blatt nach Ende des zweiten Weltkriegs, als der BVB im 25. Spiel gegen Schalke 04 gewann. Aus Freundschaft wurde damals sportliche Rivalität. Im Laufe der Zeit gossen Wechsel von erfolgreichen Spielern in den gegnerischen Vereins Öl ins Konkurrenzkampffeuer und Skandale aus den 70er Jahren sorgten für das endgültige Aus zugewandter Sympathie unter den nur ca. 40km voneinander entfernt spielenden Vereinen.
Heute nehmen manche das Derby tierisch ernst, andere betrachten es mit einem Augenzwinkern, für wieder andere hat es was Religiöses! Aber nicht nur das – die Devotionalien rund um die Vereine sind so zahlreich, das deren schiere Auflistung hier den Rahmen des Artikels sprengen würde. Deshalb konzentriere ich mich auf den vorbereitenden Moment – also die Kleidung, die Kneipen auf dem Weg ins zum Stadion 😉 (Nur ganz am Rande sei an dieser Stelle erwähnt, das mein Herz für blau-weiß schlägt und ich den Dortmunder Teil zwar betrachtet und auch genauestens unter die Lupe genommen habe, dennoch aber „parteiisch“ bin…)
Vorbereitung ist alles…
Auch im Kollegenkreis beliebt: Das Schmücken des Arbeitsplatzes. Es ist nicht unüblich, dass sich im gleichen Team AnhängerInnen beider Vereine finden, auch wenn bei Auswahlgesprächen das Thema Fußball („Und, für welchen Verein bisse?“) nicht unter den Teppich gekehrt wird. Kurz vor dem Spiel werden Wimpel, Türanhänger und andere Devotionalien auf den Tisch gepackt! Der Herzschlag wird sozusagen sichtbar gemacht.
Selbstverständlich schmücken wir nicht nur unsere Arbeitsplätze: Auch uns selbst lassen wir nicht unbeachtet und so wird mindestens ein Schal umgelegt – besser natürlich die volle Montur – d.h. Trikot, Schal, Weste, Jacke und Käppi…Deshalb ist auch schon am Tag der Recherche für diesen Artikel der Schal am Start – und ich stelle Euch gemeinsam mit Dirk von VisitRuhr eine mögliche Kneipen-Route für Euren Weg zum Stadion – oder für den unwahrscheinlichen Fall, dass das Spiel in Dortmund stattfindet – den Weg zu der Kneipe, in der das Spiel live gezeigt wird, vor.
Spieltach in Gelsenkirchen
Der Schal ist – wie gesagt – das Mindeste, um die Zugehörigkeit zum Verein zu symbolisieren. Korrekt gekleidet geht es am Gelsenkirchener Hauptbahnhof los in Richtung des Posthörnchens, einer echten „Oppa-Kneipe“ – einer der letzten ihrer Art in Gelsenkirchen. Hier bei Wirt Timo, der das Lokal in 2. Generation führt, gibt es köstliche 0,2l Stauder Bierchen für unschlagbare 1,50 Euro / Glas – die gehen leicht von der Hand und haben genau die richtige Größe: Wichtig – den Deckel drauf legen, wenn Ihr keins mehr möchtet, sonst wird nachgeliefert. Wer es etwas schneller mag: Mexikaner oder KoBra (Korn-Brause) kosten ebenfalls 1,50 Euro – ich würde vor dem Spiel allerdings abraten. Wenn Schalke mittags spielt, seid Ihr hier ebenfalls gut aufgehoben, denn das Posthörnchen öffnet bereits um 9 Uhr, lediglich sonntags ist geschlossen, es sei denn, Schalke spielt. Die Kneipe ist übrigens eine echt traditionelle, familiengeführte Lokalität! Und: Wer den Altherren-Charme so wie ich richtig sympathisch findet, der bleibt und schaut das Spiel hier im Fernsehen!
Von hier aus geht Ihr durch die Gelsenkirchener Innenstadt am Hans-Sachs-Haus und dem Musiktheater im Revier vorbei zur „Schlösser-Schänke“ in der Schalker Straße (!). Anita serviert Euch nicht nur köstliche, frisch gezapfte Stauder, sondern auch Schnitzel und Pommes-Schranke – es wird ja jetzt auch mal allerhöchste Zeit für eine gute Grundlage.
Jede Menge Menschen mit dem gleichen Ziel und ähnlichem Outfit trefft Ihr hier – und natürlich habt Ihr hier die Zeit, auch mal zu fachsimpeln. Auf jeden Fall fühlt Ihr Euch hier direkt heimisch und gut aufgehoben!
Alt werden möchten wir hier aber noch nicht, also geht es weiter zum Schacht 6, der Kneipe des Schalker Supportersclub am Schalker Markt.
Hier ist es zwar ein wenig hell, aber die Musik ist dafür umso besser! Nehmt hier Ihr noch ein bis zwei kleine Pilsken bevor es zur nächsten Station, dem Vereinslokal Bosch an der Schalker Meile, unweit der Glückauf Kampfbahn am Ernst-Kuzorra-Platz geht, der Stammkneipe von Ernst Kuzorra himself. Das nicht nur Kuzorra hier ein und aus ging, darauf weisen auch schon die Porträts ehemaliger Spieler an der Hausfassade hin. Nach dem letzten Derby in Dortmund ließ Trainer Huub Stevens die ganze Mannschaft hier feiern – mit den anwesenden Gästen selbstredend – also ein echtes Traditionslokal!
Hier ist alles blau-weiß – und alle treffen sich, die von hier aus ins Stadion weiterziehen und vorher noch ein wenig „Glückauf-Kampfbahn“ – Atmosphäre schnuppern wollen – die liegt nämlich direkt „umme Ecke“! Im Sommer übrigens draußen im Biergarten! Dieser Laden ist genau richtig für Euch, wenn Ihr es laut mögt, und fehlt Euch noch die richtige Stimmung so kommt Ihr hier endgültig rein – Musik, fast alle Gäste in Kluft und natürlich der laufende Fernseher. Solltet Ihr keine Karte fürs Spiel haben, lasst Ihr Euch einfach hier nieder, schaut das Spiel live im TV und stoßt nach dem Spiel wieder zur Fußballmeute, die sich übrigens auch gern nach dem Spiel wieder hier einfindet, denn die Straßenbahn vom und in Richtung Arena fährt direkt vor der Tür ab.
Die Stimmung im Stadion ist besonders beim Derby in der Nordkurve natürlich eigentlich nicht zu toppen – dennoch sieht es meistens so aus, dass die Tickets rar sind. Derbystimmung kann man aber eben in Gelsenkirchen an diesen denkwürdigen Tagen nicht nur im Stadion genießen, sondern besonders auf der Schalker Meile und in den oben vorgestellten Kneipen. Wenn Ihr jetzt richtig Lust bekommen habt, stellen Dirk & Sven Euch das ganze Schalke-Programm auf ihrem Spaziergang „Rundgang durch Schalke“ vor
Spieltach in Dortmund
In dieser Saison sollte das Derby eigentlich auf Dortmunder Boden stattfinden (aber, siehe oben), daher habe ich mich aufgemacht und mir von meiner Kollegin Birgit (echte Borussin) zeigen lassen, wie der klassische Weg ins Stadion dort aussieht – für alle, die also in schwarz-gelbe Stimmung kommen möchten: Lest hier weiter.
Wir treffen uns, Birgit für Dortmunder Verhältnisse korrekt gekleidet und mit „Fußpils“, am Dortmunder Hauptbahnhof
(übrigens direkt gegenüber liegt das Deutsche Fußballmuseum, wer also schon mal in Stimmung kommen möchte, kann vorher noch hierher einen Abstecher machen) und fahren noch ein Stück mit der U-Bahn Richtung Stadthaus. Laufen geht aber mit genügend zeitlichem Puffer auch, denn die erste Station ist das „Mit Schmackes“ an der Hohen Straße – gegründet von Christopher Reinecke und seinem Kumpel Kevin Großkreutz. Der Laden bietet gutbürgerliche Hausmannskost – und natürlich auch kühles Blondes und ein wirklich cooles Interieur im Industrie-Backsteinlook. Durchaus einen Besuch wert, auch abseits von Spielen des BVB – die hier selbstredend live übertragen werden.
Direkt „umme“ Ecke liegt die Kult-Pommesbude Dortmunds, das „Gourmet Stäbchen“ (oder der Imbiss Hohe Straße) und was muss hier natürlich sein? Na klar, einmal Pommes Schranke. Dazu ein Brinkhoffs aus der Flasche und der Plausch mit Umstehenden – die auch fast alle auf dem Weg ins Stadion sind. Draußen stehen und die Stimmung genießen – wenn es jetzt noch warm wäre, hätte das Ganze hier was von Südeuropa, aber wie war das noch mal mit der richtigen Kleidung? Also draußen stehen geht immer. Ich muss ja heute in-Farb-Kognito gehen und bin daher total glücklich, wenigstens die blau-weißen Farben der Kronen-Brauerei zu sehen 😉 (an dieser Stelle verweise ich gern auf meinen Bier-Artikel).
Von hier aus laufen wir weiter Richtung Stadion die Hohe Straße hinauf entlang des wunderschönen Dortmunder Kreuzviertels und unterqueren den Rheinlanddamm. Kurz drauf erreichen den Bergmann-Kiosk – an den Westfalenhallen mit Blick auf das hellerleuchtete Stadion.
Unter Platanen nehmen wir noch ein weiteres Getränk an der frischen Luft bevor zum Stadion Rote Erde weiterlaufen – das direkt neben dem „Westfalen“-Stadion liegt.
Auch hier wird Open Air serviert – wer es etwas „wärmer“ mag, geht nach nebenan ins „Strobels“. Auch hier gibt es frisch Gezapftes und während des Spiels – das vermutlich ausverkauft sein wird – eine Live-Übertragung im TV. Hier treffen sich übrigens auch alle, die eine Karte fürs Spiel hatten nach dem Spiel für ein Abschluss- oder Auftaktbierchen – je nach Anstoß-Uhrzeit und je nach Ausgang des Derbys 😉
Fußball ist übrigens in beiden Städten eine generationsübergreifende Leidenschaft und die Spiele – vor allem das Derby – meistens restlos ausverkauft. Mit ganz viel Glück kennt man einen, der einen kennt…und so weiter – wissta Bescheid. Je nachdem, wie das Spiel ausgegangen ist, wird im Ruhrgebiet übrigens am ersten Arbeitstag nach dem Spiel nicht darauf verzichtet, im Trikot (sofern vorhanden) ins Büro zu kommen und die „Verlierer“-Kollegen mit Fan-Gesängen zu schmähen 😉 – und am Ende ist klar: Auf beiden Seiten sind es die gleichen „Panneköppe“ mit ihrer Liebe zum Revier-Fußball! 😉