Als Sarah vor fast genau einem Jahr einen wunderbaren Artikel über Ihre liebsten drei Arbeitersiedlungen geschrieben hat, wusste ich, dass will ich auch machen. Denn Arbeitersiedlungen gibt es so einige im Ruhrgebiet. Wie der Name schon sagt, wurden die Siedlungen für die Arbeiter in den naheliegenden Industrien errichtet. Sie sollten so an das Unternehmen gebunden werden und schönen und bezahlbaren Wohnraum in der Nähe ihrer Arbeitsstätte bekommen. Auch heute wohnen noch ehemalige Bergarbeiter und deren Familie in den schönen Siedlungen.
Kaum vorzustellen mit allen Kollegen in einer Siedlung zu wohnen, oder?
Also nichts wie los – ich zeige dir heute drei weitere tolle Arbeitersiedlungen!
#1 Alt-Siedlung Friedrich-Heinrich Kamp-Lintfort
Los geht’s in meiner Heimatstadt Kamp-Lintfort. Zunächst beginnen wir mit einer kleinen Zeitreise ins Jahr 1907. Denn in diesem Jahr wurde mit den Arbeiten für die Siedlung für die Bergleute der Zeche Friedrich-Heinrich begonnen. Zum Beginn der Kohleförderung 1912 entstand eine kleine Siedlung mit Ein- bis Zweifamilienhäusern mit kleinem Garten und Stall. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Siedlung weiter ausgebaut, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken. Kein Haus sollte dem Zweiten gleichen und auch nach Ende des Krieges wurden vier verschiedene Architekturbüros damit beauftragt weitere Häuser zu bauen. Aus diesem Grund sieht man heute viele verschiedene Häusertypen. Trotzdem entstand durch die hellen Fassaden und kupferfarbenen Dächer ein einheitliches Erscheinungsbild. Nach umfangreichen Sanierung und Instandhaltungsarbeiten ist die Alt-Siedlung Friedrich Heinrich heute ein Ort mit hoher Wohnqualität.
Da ich aus Kamp-Lintfort komme, kenne ich die Siedlung natürlich ganz gut. Durch die sich dann doch ähnlich sehenden Häuser, hab ich mich aber trotzdem schon das ein oder andere mal verirrt. Aber das liegt wohl eher an meinem nicht vorhandenen Orientierungssinn 😉
Das Schöne an Kamp-Lintfort ist, das man die Geschichte der Stadt immer noch sehr schön erkennen kann. Auf der einen Seite sieht man die im Mittelalter beginnende Geschichte der Stadt um das Kloster Kamp herum. Auf der anderen Seite die Zeit der Industrialisierung in Form der Zeche Friedrich-Heinrich und der Alt-Siedlung.
Genau die beiden Teile wurden auch bei der Landesgartenschau im letzten Jahr gezeigt und verbunden. Dadurch entstand der neue Zechenpark, welcher auch noch nach der Landesgartenschau (auch wenn nicht mehr in voller Form) besucht werden kann.
#2 Arbeitersiedlung Rheinpreußen
Der Weg zieht mich weiter nach Duisburg. Auch hier wagen wir einen Blick ins Jahr 1897 und die bewegte Geschichte der Siedlung Rheinpreußen. Ab 1897 begannen die Arbeiten um die Siedlung in Homberg zu errichten. Das Besondere an der Siedlung Rheinpreußen ist, dass es sie fast nicht mehr gegeben hätte. Denn nach Ende des Bergbaus sollte die ganze Siedlung abgerissen und an ihrer Stelle Hochhäuser gesetzt werden. Daraufhin wurde tatsächlich ein Großteil der Häuser abgerissen, aber die Bewohner der Häuser schlossen sich zusammen und traten schlussendlich in einer 18-tägigen Hungerstreik – mit Erfolg! Schlussendlich konnten die restlichen Häuser gerettet werden und stehen heute unter Denkmalschutz.
Im Gegensatz zu der Alt-Siedlung Friedrich-Heinrich ist die Siedlung Rheinpreußen deutlich kleiner und wirkt dadurch gemütlicher. Denn die kleinen Häuschen mit den dunklen Ziegeln, grünen Fensterläden und schön bepflanzten Vorgärten strahlen eine Gemütlichkeit inmitten der Stadt aus. Ein Haus hat es mir besonders angetan. Es befindet sich direkt am Eingang der Siedlung auf der Südstraße. Es besitzt einen kleinen Turm mit einem kleinen Fenster, welches von Pflanzen umrankt wird.
Jedes Haus hat hier seinen ganz eigenen Charme. Von Walmdächern über Satteldächer, kleinere und größere Häuser gibt es hier verschiedene Haustypen. Außerdem haben manche davon auch Details aus Fachwerk.
#3 Siedlung Eisenheim
Als nächstes geht es für mich nach Oberhausen, denn hier befindet sich die älteste Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets – die Siedlung Eisenheim. Schon 1846 begannen hier die Arbeiten für die Siedlung der Gute-Hoffnung-Hütte, zu der auch die St. Antony Hütte Oberhausen gehörte. Nicht weit entfernt von der Neuen Mitte Oberhausen, wo sich mit dem Westfield Centro, dem Kino, SeaLife und vielem mehr, eine Attraktion an die andere reiht, wirkt die Siedlung wie eine Zeitkapsel. Denn während die anderen Siedlungen sich ins restliche Stadtbild einfügen, fühlt es sich an, als wäre hier die Zeit stehen geblieben – und das im positiven Sinne!
Die Siedlung Eisenheim besteht aus verschiedenen Haustypen, die bekannteste und meiner Meinung nach auch schönste Hausform sind die kleinen Backsteinhäuschen. Kleine Gassen führen einen entlang der schönen Häuschen mit den weißen Sprossenfenstern und dunkelgrünen Türen. Überall sieht man schöne Blumen und Pflanzen, die der Siedlung noch mehr Leben einhauchen.
Mein Ausflug zu drei Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet
Einen Ausflug oder Spaziergang durch die Arbeitersiedlungen kann ich nur wärmstens empfehlen! Hier kann man etwas über die Geschichte des Ruhrgebiets lernen, in einer andere Zeit eintauchen, einen gemütlichen Spaziergang an der frischen Luft machen und tolle Fotospots entdecken – eine super Kombi! Achte bei deinem Besuch darauf, dass hier Menschen wohnen, auch wenn es manchmal wirkt wie ein Besuch in einem Freilichtmuseum 😉
PS: Alle Arbeitersiedlung sind Teil der Route Industriekultur 🙂