Große Liebe, Herzensangelegenheit, echter Kult, Kommerz: Egal ob man Fußball mag oder nicht, der Sport hat im Ruhrgebiet eine lange Tradition und ist eng mit der Geschichte der Region verbunden. Meine Kollegin Heike und ich starten heute mit dem Fahrrad in das Fußballrevier von Herne bis nach Bochum und begeben uns auf die Spuren des Fußballs in die Hobby-, Amateur- und Oberliga sowie zum neuen Erstligisten. Dabei schnuppern wir echte Stadionluft, atmen ein wenig „Schlacke“-Staub und lassen auch das Thema kühle Erfrischungen nicht zu kurz kommen.
Start-Stopp bei Westfalia Herne: Picknick im Stadion
Unsere Tour beginnt bei Westfalia Herne, einem echten Traditionsverein. Unter dem Namen wird seit über 100 Jahren gekickt. Wir sind direkt richtig begeistert vom Stadion am Schloss Strünkede, das echten Fußball-Nostalgie-Charme versprüht.
Eigentlich viel zu schade finden wir und breiten unsere Decke auf der Tribüne aus. Perfekt für ein erstes Frühstückspicknick im Stadion. Während wir hier gemütlich sitzen, bauen sich vor unserem inneren Auge – ganz ohne „augmented reality“-Brille – Bilder prall gefüllter Zuschauerränge auf, als damals noch in der ersten Liga gekickt wurde. Unter anderem 1959 um die westdeutsche Meisterschaft mit legendären Spielern wie Hans Tilkowski, Helmut Benthaus und Alfred Pyka, alle spätere Nationalspieler.
Heute ist es um die Erfolge des Vereins etwas leiser geworden. Dennoch lässt das Stadion mit der großen überdachten Tribüne noch die damaligen Erfolge erahnen. Falls Ihr auch mal vorbeischauen wollt: Während der Geschäftszeiten einfach lieb vorne am Büro fragen, dann ist es kein Problem (an die Rasen-Regel halten!). Und vielleicht ist das Stadion am Schloss Strünkede ja demnächst auch mal Kulisse oder Veranstaltungslocation und nicht nur Austragungsort eines Fußballspiels. Das können wir uns auf jeden Fall sehr gut vorstellen!
Fußball trifft auf Bier: Kurzverkostung bei Hanno‘s in Herne
Was gehört untrennbar zusammen? Richtig, Fußball und Bier. Deshalb ist – nachdem wir durch den Schlosspark am Schloss Strünkede vorbeigefahren sind – unser nächster Stopp Hanno‘s Kellerbrauerei in Herne.
Als Craft-Beer-Braumeister der ersten Stunde hat Hanno Dähne das Hobby Bierbrauen bereits in 90er Jahren entdeckt und ist mittlerweile so erfolgreich, dass Ihr das Bier im lokalen Einzelhandel, in Souvenir- und Feinkostgeschäften und beispielsweise auch auf der Cranger Kirmes kaufen könnt.
Nach einer Einführung in das Handwerk des Bierbrauens (das zu unserer großen Überraschung sogar auf rund 6 Quadratmetern Keller möglich ist) sowie einem Rundgang durch die „Brauerei“-Räumlichkeiten starten wir ein kleines Biertasting bei bestem Wetter auf Hannos Terrasse.
Probieren könnt Ihr bei Hanno zwei bis dreimal pro Monat in einer „Mann“-Stärke bis 15 Personen und neben jeder Menge Wissen rund ums Brauen, die Zutaten und die verschiedensten Geschmäcker gibt es auch immer wieder was Köstliches ins Glas. Unterhaltsam und informativ ist das heutige (Kurz-)Tasting und natürlich auch lecker. Uns hat’s überzeugt und wir mopsen eine Flasche Hanno’s für unsere geplante Mittagspause.
Pöhlen im Stadtpark in Herne
Wir radeln weiter Richtung Stadtpark Herne und vertilgen hier als Mittagssnack die Reste von unserem Frühstück. Außerdem laden die großen Wiesen zum Fußballspielen ein.
Herrlich: Im Spätsommer ein wenig pöhlen, quasseln und chillen – was gibt es Schöneres? Der Stadtpark wird regelmäßig von Hobbykickern bevölkert und auf dem angrenzenden Sportplatz findet Vereinsfußball statt.
Im Reich der Sagen & Mythen: Das Fußballdenkmal in Herne
Von hier aus führt unsere Tour weiter über die Akademie Mont-Cenis bis hin zu einem kleinen Geheimtipp: Hernes „Fußballdenkmal“ – der fast schon sagen- und mythenumwobenen Plastik auf dem Schulhof der heutigen Gesamtschule Mont-Cenis.
Diversen historischen Nachforschungen sei Dank, die Plastik, die von Elisabeth Hoffmann geschaffen wurde, heißt „das Tor“ und stellt eine Gruppe von Ballspielern* da. Interessant ist sie alle mal!
Tradition ohne Ende – der SV Sodingen
Weiter geht’s von hier aus zur Sportstätte des SV Sodingen. An sich fährt es sich am schönsten über die Akademie Mont-Cenis, aber natürlich ist auch nichts gegen einen kurzen Abstecher zur Trinkhalle Heikes Kiosk einzuwenden ;-). Heute liegt die Sportstätte am Holzplatz in Herne-Sodingen – bis 1975 wurde auf dem Werksgelände der ehemaligen Zeche Mont Cenis gespielt.
Traditionsreich geht und ging es auch hier zu, kickten sich die Arbeiter der Zeche Mont Cenis mit ihrem englisch anmutenden „kick-and-rush-Spiel“** in den 50er Jahren sogar in die Oberliga West und spielten um die Meisterschaft mit.
Bolzen am Kaiser-Wilhelm-Turm im Volkspark Herne
Im Ruhrgebiet ist die schiere Anzahl an Trainings-, Sport und Bolzplätzen riesig, sie liegen manchmal allerdings etwas versteckt, so wie dieser Sportplatz eingebettet in den Herner Volkspark. Hier trainiert Arminia Sodingen, für den Trainingsbetrieb sind wir leider zu früh – aber einen Blick auf die rote Asche können wir trotzdem werfen und auf den imposanten Aussichtsturm, der die Zeche Mont Cenis in den Anfangszeiten mit Wasser versorgte. Hätten wir etwas mehr Zeit können wir den idyllischen Volkspark noch etwas zu Fuß erkunden.
Revierpark Gysenberg in Herne: Grüne Wiesen, sandige Plätze & Zeit für Eis
Weiter geht es in den Revierpark Gysenberg in Herne. Da wir nun schon einige Kilometer auf dem Tacho haben, gönnen wir uns ein Eis. Das gibt es an einer schönen, klassischen Bude. Wir entscheiden uns für ein Capri und ein Cornetto und machen uns auf die Suche nach dem Fußballplatz.
Das eingezäunte Beach-Soccer-Feld ist für alle geöffnet, wem also der Fuß juckt kann dort spontan Fußballspielen. Eis und Sand zusammen stellt uns allerdings vor neue fußballerische Herausforderungen.
Eine kurze Ruhepause auf einer der weitläufigen Rasenflächen ist also mehr als angebracht! Neben Picknickmöglichkeiten bieten sich Euch im Gysenberg mit den Gastro-Angeboten „Ollis“ oder „Forsthaus“ kulinarische Versorungsstationen.
Zechensiedlungsflair, Schlacke & jede Menge Talente
Von hier aus führt uns unsere kleine Tour nach Herne-Constantin – zum Platz des S.C. Constantin. Der Verein liegt auf Herner & Bochumer Stadtgebiet und hier wird noch traditionell auf Asche gespielt! Der Stadtteil Constantin ist geprägt durch seine Zechenhäuschen die aus der Zeit der ehemaligen Zeche Constantin stammen.
Direkt gegenüber beginnt der Constantiner Wald, ein hübsches Spaziergebiet. Unsere Tour könnte hier zu Ende sein, aber wir entschließen uns, noch über Bochum-Hiltrop bis zur Heimstätte des VfL Bochum zu fahren. Auf dem Weg passieren wir das Bochumer Talentwerk, hier trainiert der VfL Bochum und geht auf Talentsuche – wer weiß, vielleicht ist unter den Spieler*innen ja der oder die nächste Bundesligahoffnung?
Endlich wieder erstklassig: Abstecher zum VfL Bochum
Durch den wunderschönen Bochumer Stadtpark fahren wir zum Stadion des VfL Bochum „anne Castroper“ – sehr kultig und das saftige Grün macht Lust darauf, hier mal eine Partie Fußball zu schauen.
Wir nehmen im „Wohnzimmer“ Platz und lassen die Stadionatmosphäre auf uns wirken.
Graffitis, Aufkleber und ein paar Kronkorken, die vom letzten Heimspiel zeugen, schaffen eine authentische Stimmung und auch hier können wir uns sehr gut die ein oder andere Veranstaltung vorstellen, Platz nehmen auf den blau-weißen Rängen erwünscht!
Bis es wieder so weit ist, gedulden wir uns und warten auf eines der begehrten Tickets für eines der nächsten Heimspiele.
Bolzplatzkultur im Pott – kicken auf den Schmechtingswiesen
Auszeit, Sport und Erinnerung an die Kindheit – Bolzplätze dürfen bei unserer Fußballtour nicht fehlen. Denn die Bolzplatzkultur ist fest in unserer Region verankert. 2018 hat das Deutsche Fußballmuseum einen Antrag gestellt und seitdem gehören sie zum „Immateriellen Kulturerbe Nordrhein-Westfalens“.
Unsere Tour führt uns weiter durch die Schmechtingswiesen. Der Grünstreifen lädt an warmen Tagen nicht nur zum Chillen sondern auch dazu ein, eine „ruhige Kugel“ zu schieben äh zu pöhlen. Fast haben wir Blick auf den Förderturm des Deutschen Bergbau-Museums, aber eben nur fast ;-).
Chillout bei Flottmann in Herne
Unsere – in Großteilen durch sehr viel Grün führende – Tour endet wieder auf Herner Stadtgebiet! Hier treffen wir nochmal auf Hanno’s Brauereierzeugnisse in den Flottmannhallen bzw. der dazugehörenden Kneipe mit Biergarten! Ein lauschiges Örtchen diese Hallen, Veranstaltungen finden hier ebenso statt.
Ein Ort mit Kultfaktor – vor allem für die Hernerinnen unter den Autorinnen ;-). Das Hanno’s schmeckt auch hier, aber natürlich nicht nur das! Wir sagen Prost & freuen uns schon auf die nächste Tour – dann vielleicht ja sogar mal mit Stadion- bzw. Spielbesuch!
Tour de Fußball – Unser Fazit
In Kombi mit den Trinkhallen, den Parks und den kulinarischen Gegebenheiten ist es eine runde, kleine Tour mit Fußballbezug – gut zu meistern mit Zwischenstopps in einem 3/4 Tag. Jederzeit anhalten erwünscht und erweitern mit Zwischenstopps im Bochumer Milchhäuschen, an den Grummer Teichen oder der ein oder anderen Fußballkneipe am Wegesrand. Wir sind uns sicher: Teil 2 wird folgen! 🙂
(*Legende des Torschreis)
(**so soll Sepp Herberger damals das Spiel der SVler genannt haben)
Ein Artikel von Melissa Kohnen, die bis 2022 bei Ruhr Tourismus in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gearbeitet hat.