Nach meiner letzten Radtour anlässlich des Tag der Trinkhallen 2018 war klar: Das muss ich unbedingt nochmal machen! Und wie es dann immer so ist, wird die Bucketlist immer länger und länger… Aber was passt besser zu einem Ruhrgebiets-Blog als eine Trinkhallen-Radtour?, dachten uns meine Kollegin Christin und ich und die Idee dieses Artikels war geboren!
Zunächst musste eine geeignete Tour gefunden werden. Nach einigen Versuchen habe ich direkt gemerkt: Soooo einfach ist es gar nicht, sich an Trinkhallen zu erinnern die A) nah an fahrradfreundlichen Wegen liegen, B) sich zu einer schönen Runde zusammenfügen und C) zu wissen, wie ich so eine Tour überhaupt am besten plane. Aber wozu habe ich im Nachbarbüro fach- und radkundige Kolleg*innen sitzen? 😉 Ein dickes Dankeschön an Jochen und Christoph, die uns eine astreine Budentour konzipiert haben, die sowohl den Kriterien „fahrradfreundlich“ als auch „trinkhallenreich“ entspricht.
Und so schwingen Christin und ich uns an einem sonnigen Augustvormittag auf‘s Rad und nehmen dich mit zu vier Trinkhallen von Bochum über Herne nach Gelsenkirchen und zurück!
Vorbereitung ist die halbe Miete
Für die nicht „Alltagsradler“ unter uns: Auch wenn die Tour mit insgesamt „nur“ 40 Kilometern eher schlicht daher kommt und auf dem Weg insgesamt 4 Trinkhallen eingeplant sind, sind bequeme Klamotten, ggf. eine schicke Radlerbuchse für untendrunter und eine Flasche Wasser extra (die süße Tüte macht durstig ;-)) empfehlenswert. Eine Handyhalterung am Rad ist auch ratsam, denn gerade die kurzen Strecken innerorts bedürfen dem mehrmaligen Blick auf die Handynavigation. Die GPX-Daten der Tour haben wir dir selbstverständlich unten in der Infobox verlinkt. Diese kannst du dann in das Navigationssystem deiner Wahl übertragen und schon kann‘s losgehen.
Start an der Jahrhunderthalle Bochum
Unsere Tour startet an der Jahrhunderthalle Bochum. Das hat gleich mehrere Vorteile: Erstmal natürlich die tolle Industriekulisse. Bei schönstem Sonnenschein der perfekte Hintergrund für ein paar Selfies Noch dazu kann man unterhalb der Jahrhunderthalle Bochum bequem und kostenfrei parken (Die Adresse verlinken wir dir in der Infobox). Und alle, die ohne eigenes Rad anreisen, können bei der Revierrad-Station vor Ort einen fahrbaren Untersatz ausleihen. Hier aber bitte unbedingt daran denken, mindestens 5 Werktage vorher zu reservieren!
Diese Vorteile kennen auch andere Fahrradfahrer, denn auf dem Weg zur Jahrhunderthalle herauf begleiten uns mehrere Radler:innen, die das gleiche Ziel haben wie wir: den Knotenpunkt „Jahrhunderthalle“, von dem aus man entspannt durch das radrevier.ruhr radeln kann.
Durch die City zum „Kult Kiosk“ auf dem Freigrafendamm
Für die erste Etappe zum „Kult Kiosk“ verlassen wir das Knotenpunktsystem aber direkt wieder und düsen durch die Bochumer Innenstadt Richtung Altenbochum. Für uns Gelegenheits-Radler ist das Fahren im wuseligen Innenstadt-Verkehr anfangs etwas gewöhnungsbedürftig und auch der Blick aufs Handynavi benötigt etwas Übung. Aber schnell haben wir den Dreh raus und freuen uns über die eigenen Rad-Ampeln an den Kreuzungen.
Hat man den Hauptbahnhof hinter sich gelassen führt die Route wieder durch ruhigere Ecken. Am Freigrafendamm angekommen halten wir Ausschau und erblicken direkt den Kult Kiosk. Der erste Kaffee ist schon ein Weilchen her – gutes Timing also. Und auch die perfekte Location wie sich herausstellt: gemütliche Sitzecke vor dem Kiosk (prima Beobachtungsposten), leckerer Kaffee und eine tolle Auswahl an verschiedenstem Süßgebäck.
Viel zum Schnacken kommen wir mit der Dame hinter der Theke nicht, denn es herrscht reger Betrieb, aber wir erfahren: Stimmt das Wetter, dann ist der Kiosk beliebter Pausenort, besonders für Fahrradfahrer:innen.
Wir lassen uns also unser zweites Frühstück schmecken und können dabei das rege Treiben im Viertel beobachten. Und es stimmt was man über die Trinkhalle sagt: Sie ist DER soziale Treffpunkt für Jung und Alt, Menschen aus den verschiedensten Berufen und Schichten und Umschlagsplatz für die neuesten News der Stadt.
Wir könnten ewig hier sitzen, aber wir haben ja gerade erstmal die erste Bude von vieren geschafft. Also weiter geht’s!
Über die Lothringentrasse zur Candy Corner
Die nächste Etappe führt uns verkehrsarm über die Lothringentrasse. Hier kann man sich ganz entspannt über den Asphalt rollen lassen, muss keine Rücksicht auf den Autoverkehr nehmen und kann auch mal nebeneinander fahren und quatschen.
Beim Fahren fragen wir uns schon, was für eine Art Kiosk sich wohl hinter dem Namen „Candy Corner“ verbergen mag… Nur ein paar wenige Kreisverkehre (die im Übrigen alle sehr ähnlich aussehen, sodass uns fast das Gefühl beschlich, im Kreis zu fahren) unterbrechen die freie Fahrt, bevor der Weg wieder in eine ruhige Wohnsiedlung abbiegt. Für uns das sichere Zeichen „Achtung, nächster Kiosk in der Nähe“. Und wir haben Recht: Die roten Sonnenschirme blitzen schon von Weitem hervor.
Im süßen Schlaraffenland
Schon beim Betreten der Candy Corner bereuen wir den ausgiebigen Snack am Kult Kiosk: Denn wer amerikanischen und asiatischen Süßkram liebt, ist hier im absoluten Süßigkeiten-Himmel! Gleich zwei Verkaufsräume sind picke packe voll mit Keksen, Cornflakes, Chips, Kuchen und Limo in den verschiedensten Farben und Formen aus Übersee.
Erst als ich meine Runde durch die Candy Corner fertig gedreht habe, entdecke ich mein absolutes Highlight: Eine Cornflakes Bar! Für mich, die eine eher ökomäßige Haferflocken-Kindheit hatte, mein guilty pleasure: Ich lieeeebe Cornflakes. Je bunter desto besser.
Da unsere Mägen ja bereits gefüllt sind, fällt die Wahl hier auf ein kaltes Getränk als Pausensnack. Auch hier darf‘s möglich farbenfroh sein. Wie an der Bude so üblich quatschen wir hier noch ein bisschen mit den zwei Jungs hinter der Theke und schwingen uns dann für die Weiterfahrt wieder auf unsere Räder.
Vorbei an Pferdekoppeln, Wald und Wiese zu Heike‘s Kiosk
An dieser Stelle muss mal wieder betont werden „Hömma, was ist das so schön grün hier“. Auf dem Weg zum nächsten Kiosk führt uns die Route an ganz ländlicher Kulisse vorbei: Pferdekoppeln, weite Wiesen und Felder. In solchen Momenten frage ich mich wirklich, warum ich nicht regelmäßiger eine Radtour durch unser schönes Ruhrgebiet mache.
Wie so oft ist der Grenzübertritt in die nächste Stadt fließend und nach ein paar Kilometern Fahrt ist man plötzlich schon in Herne. Ganz zentral am Kurt-Edelhagen-Platz befindet sich Heike‘s Kiosk. Genau zur Mittagszeit fahren wir hier vor und können vor lauter Ansturm den Kiosk kaum erkennen: Müllwerker, die sich hier ihren Mittagskaffee abholen, Familien, die sich ein Ferien-Eis gönnen, ein Rentner, der sich mit der Tageszeitung versorgt – es geht zu wie im Taubenschlag.
Heike‘s Kiosk ist eine richtige Besonderheit. „Freistehende“ Kioske sind nicht mehr oft zu finden. Mit ihren fast 100 Jahren ist die Trinkhalle ein richtiges Urgestein und steht sogar unter Denkmalschutz. Wir entscheiden uns hier für die obligatorische gemischte Tüte mit allerlei „saurem Zeug“ – ohne Lakritz versteht sich. 😉 Wie sieht‘s da bei dir aus? Lakritzliebhaber oder Lakritzhasser? Schreib es gern unten in die Kommentare!
Die gemischte Tüte kauft man bei Heike klassisch am Fenster, denn der Kiosk ist nicht begehbar. Egal wie alt man ist, man fühlt sich bei der Bestellung immer in die Kindheit zurückversetzt, gespannt wartend darauf, ob das Geld noch für eine extra Portion saure Zungen reicht. Nach einem Boxenstop bei den Toiletten (auch Denkmalgeschützt wohlgemerkt) steht die vorletzte Etappe an.
Mit ordentlich Schwung zur Erzbahnbude und zurück zur Jahrhunderthalle
Die Route führt uns an der Akademie Mont Cenis vorbei, am Rhein-Herne Kanal entlang und über die Erzbahntrasse. Wer es mag, tüchtig Gas zu geben, kommt hier voll auf seine Kosten. Kilometerweit heißt es „immer geradeaus“. Am Wasser legen wir ein kurzes Trinkpäuschen ein und greifen zur Stärkung nochmal in die süße Tüte.
Wir sind fast ein bisschen traurig, dass nun schon die letzte Trinkhalle auf dem Programm steht, aber insgeheim freuen sich unsere Beine schon etwas auf den Feierabend. Nach knapp 1,5 Stunden Fahrzeit erreichen wir die Erzbahnbude. Für Radprofis wird die Bude auf jeden Fall ein Begriff sein. Direkt am Knotenpunkt 46 liegt die „etwas andere“ Bude, an der sich mehrere Radwege kreuzen. Hier heißt es Obacht, denn von allen Seiten herrscht hier reger Rad-Verkehr, wie auf einer Autobahn.
Der volle Rad-Parkplatz zeigt schon: Die Erzbahnbude ist ein beliebter Pausen-Spot, um Rast zu machen. Wer nach dem ganzen Süßkram jetzt Lust auf etwas Deftiges hat, bestellt hier Bockwurst oder Frikadelle. Wir beschließen, dass so ein Abschluss-Eis bei den sommerlichen Temperaturen genau das Richtige ist und gönnen uns ein leckeres Capri.
Genau die richtige Motivation für die letzten Kilometer, denn bei Aufstieg auf den Sattel macht sich schon ein leichter Schmerz im Hinterteil bemerkbar. 😉 Die Erzbahntrasse führt uns auch zurück zum Ausgangspunkt, der Jahrhunderthalle Bochum.
Fazit: Nochmaaaaal!
Als wir die letzten Meter mit dem Rad Richtung Auto rollen, steigen wir etwas müde aber absolut happy (und vielleicht auch mit einem kleinen Zuckerschock) von den Rädern. Die Tour ist die perfekte Mischung aus Fahr-Erlebnis und Buden-Kult. Gerade für „Ruhrgebiets-Neulinge“ ist von der alteingesessenen Kult-Trinkhalle bis zum etwas „anderen“ Budenkonzept alles dabei und während man von Kiosk zu Kiosk unterwegs ist „erfährt“ man das Ruhrgebiet auf ganz besondere Weise. Ich persönlich bin ja ein großer Fan davon, wenn eine Radtour, Wanderung oder gar ein Spaziergang ein „Ziel“ hat. Und wenn dieses Ziel dann sogar noch kulinarischer Natur ist und davon gleich vier Stück auf dem Weg liegen, ist die Motivation doch gleich viel größer! Wenn du also am nächsten Wochenende noch nichts vorhast, pack dir deine Lieblingsmenschen und los geht’s. Welche Trinkhallen dürfen bei deiner Tour denn nicht fehlen? Schreib es gern in die Kommentare, eine Budentour Teil 2 ist fest eingeplant!