Herbstzeit ist für mich immer Waldzeit und auch die Halden entfalten für mich in dieser Jahreszeit die größte Magie. Mit dem Mountainbike kann ich beides am besten kombinieren, auch wenn natürlich mit dem Trekkingrad ebenfalls schöne Radtouren auf die Halden und durch die Wälder machbar sind. Heute will ich Euch eher die Trails im Ruhrgebiet für mehr Stollenprofil vorstellen. Jeder der fünf Trails hat dabei einen ganz eigenen Charakter und spricht auch eine unterschiedliche Zielgruppe an – von der lockeren Einsteigertour bis hin zur heißblütigen Enduro-Abfahrt ist alles dabei. Und zum Abschluss stelle ich Euch auch eine lange Tagestour vor, die einige dieser Trails für Mountainbiker im Ruhrgebiet kombiniert und eine schöne, legendäre Saisonabschlusstour sein könnte.
Eine unterschätzte Sportart: Mountainbiken im Ruhrgebiet
Der „Druck auf die Wälder“ hat in den letzten beiden Jahren stark zugenommen, was natürlich auch das Konfliktpotential erhöht hat. Die Anzahl an offiziellen Trails hat zwar zugenommen, deckt sich aber natürlich nach wie vor nicht mit der Nachfrage. Laut dem Mountainbike Tourismusforum gibt es mittlerweile mehr aktive Mountainbiker als aktive Fußballer. Man stelle sich also mal kurz vor, es würde genauso viele offizielle Trails geben wie Fußballplätze… oder eben genauso viele Fußballplätze wie offizielle Trails. 🙂 Aber gut, ich freue mich über jeden Trail, der neu eröffnet wird und auch über jeden Biker, der das Mountainbike für sich entdeckt. Das Mountainbike ist einfach eine klasse Sache, um die Schönheit der Natur zu erleben.
Konflikte vermeiden – Beherzigt bitte die Trail-Rules
Konflikte zwischen Wanderern, Joggern, Hundebesitzern, Radlern, E-Bikern, etc. nehmen laut Medienberichten massiv zu. Ich selbst sehe das gar nicht so, denn wenn sich jeder an die Regeln hält und auch die Seite der anderen Nutzer versteht, akzeptiert und sich passend verhält, dann können die meisten Begegnungen mit einem ehrlichen „Servus“ und einem Lächeln im Gesicht auf beiden Seiten gut gemeistert werden. Als Mountainbiker sollten wir vor allem auf Freundlichkeit und Rücksicht setzen, so lassen sich viele Situationen direkt entschärfen.
Vor allem Neulinge in der Sportart fallen hin und wieder negativ auf und es wird viel zu schnell auf die breite Masse verallgemeinert. Die Deutsche Initiative Mountainbike hat die „Trail Rules“ definiert und schick auch mit kleinen Kurzvideos aufbereitet: https://www.dimb.de/fachberatung/trail-rules/. Wenn Ihr die noch nicht kennt, schaut doch mal direkt drauf.
Perfekt für Einsteiger: Die Haard on Tour
Meinen ersten Mountainbike-Tipp hatte Euch schon vor einiger Zeit unser Bikeprofi Ben vorgestellt: Die Haard on Tour ist eine 42 Kilometer lange Rundtour durch die Haard, dem größten Waldgebiet im Ruhrgebiet. Ein intensiver Naturgenuss steht bei dieser Tour also klar im Fokus. Die Runde verläuft über „offene“ Wege, sodass Ihr auch mit Wanderern oder Gegenverkehr rechnen müsst. Die Tour ist eher leicht und bietet nur wenige, technische Passagen, überzeugt dafür aber mit purem Walderlebnis.
Der Trail ist kleeblatt-ähnlich angelegt, sodass Ihr die Tourenlänge auch leicht verkürzen könnt. Durch die Ausschilderung lässt sich die Runde auch ohne Navi fahren, wobei ich Euch im Wald immer eine digitale Navigation empfehlen würde. Denn wenn man mal den offiziellen Trail verloren hat, findet man den richtigen Weg ohne Hilfsmittel kaum wieder.
Mein persönlicher Favorit: Der Brammen.Trail
Der für mich spannendste Trail, der in diesem Jahr eröffnet wurde, ist der Brammen.Trail! Auf der Schurenbachhalde im Essener Norden führt Euch der ebenfalls komplett ausgeschilderte Trail einmal um die Halde herum und auf die benachbarte Halde Eickwinkel.
Der Trail ist über weite Teile ausschließlich für Mountainbiker vorgesehen und als Einbahnstraße angelegt. Dennoch sollte man immer mit Fußgängern rechnen, weil viele diese Wege einfach schon seit Jahren gehen und eine Art Gewohnheitsrecht für sich entwickelt haben. Der Weg ist wunderbar verspielt mit vielen Wellen und netten Anliegern gestaltet und bietet für mich ungeheuren Fahrspaß. Einsteiger sollten die meisten Stellen auch gut fahren können, lediglich eine Abfahrtsstelle von der Halde Eickwinkel ist etwas steiler angelegt. Fortgeschrittene können den Spaßfaktor dann über die Geschwindigkeit erhöhen und wunderbar an die eigenen Skills anpassen, sodass die Stollen nicht zwingend am Boden bleiben müssen.
E-Mountainbiker können sich über einige schön angelegte Uphill-Passagen freuen, die ebenfalls mit Anliegerkurven für ordentlichen Spaß in den Backen sorgen.
Crosscountry-Trail über die Halde Hoheward
Der „älteste“ Trail in dieser Aufzählung, der Crosscountry-Trail, verläuft über 6,7 Kilometer über die Halde Hoheward. Auch über diesen Trail hatte ich ja schon vor einigen Jahren berichtet, lest gerne noch mal in meinen Artikel „Im Mountainbike-Flow über die Halde Hoheward„. Ähnlich wie beim Brammen.Trail können auch hier Biker mit unterschiedlichem Können eine schicke Tour unter die Stollen nehmen. Einsteiger sollten vielleicht die kurze Zwischenabfahrt mit Anliegerkurven an der Südseite der Halde auslassen.
Die Höhenmeter bei dieser Runde sind schon überraschend wahrnehmbar. Wer kein Supersportler ist und drei Runden auf dem Trail dreht, weiß am Abend durchaus, was er getan hat. Mit dem gewaltigen Panoramablick vom Haldenplateau ganz oben liefert der Trail auch ein schönes Gipfelglück.
Ihr wolltet schon immer mal ein E-Mountainbike ausprobieren? Dann schnappt Euch doch mal die neuen Leihräder im Besucherzentrum Hoheward direkt auf der Zeche Ewald.
Die Jump-Line auf der Halde Hoppenbruch
Die bisherigen Tipps waren Euch zu langweilig? Dann werdet Ihr sicherlich auf der Halde Hoppenbruch direkt neben Hoheward fündig. Der Freerideclub Herten unterhält hier in Abstimmung mit dem Regionalverband Ruhr gleich mehrere Enduro-Trails, die Euch in unterschiedlicher Schwierigkeit abwärts führen.
Der blaue Trail ist auch für „normale“ Mountainbiker mit etwas Erfahrung gut fahrbar, aber es wird schnell deutlich, dass sich hier eher Leute mit entsprechenden Federwegen und Protektoren wohlfühlen, die ein wenig Airtime suchen. Die Jump-Line bietet hier das passende Potential. Gerade am Wochenende tummeln sich auch viele Auswärtige auf der Halde, denn die Enduro-Strecken sind auch über das Ruhrgebiet hinaus gut bekannt und beliebt. Anfänger haben auf diesen Trails eher weniger zu suchen. Für sie lohnt es sich aber, mit gebührendem Abstand den erfahrenen Bikern bei Drop über die Hühnerleiter zuzuschauen.
Noch ne Schippe drauf: Der Sparkassen-Trail auf der Halde Norddeutschland
Ganz frisch wurde in diesem Spätsommer der Sparkassen-Trail auf der Halde Norddeutschland offiziell eröffnet. Auch hier gibt es drei unterschiedliche „Schärfegrade“ bei den Abfahrten, die es wirklich in sich haben.
Der blaue Trail wird eigentlich von niemandem gefahren und ist dementsprechend auch eher schlecht gepflegt. Als klassischer Natur-Trail ist er aber dennoch gut fahrbar. Jedoch kann es hier auch mal vorkommen, dass manch ein Biker den Weg als Bergauf-Variante nutzt. Der rote Trail wird wohl am häufigsten befahren und ich gebe zu, dass ich hier ohne Protektoren klar underdressed war. Zwar kann man die heftigsten Sprünge auch immer umfahren, aber dann macht der Trail auch nur bedingt Spaß. Wenn Ihr Euer Bike entsprechend beherrscht und die notwendige Ausrüstung habt, werdet Ihr hier sehr viel Spaß in der Luft haben. Die schwarze Variante ist dann noch eine Spur heftiger.
Eine große Etappentour von Hoheward zum Landschaftspark Duisburg-Nord
Natürlich kann man diese Trails auch wunderbar miteinander kombinieren. Ok, zwischen den Halden geht es dann halt auch mal etwas ruhiger auf breiteren Wegen zu, dieser Kompromiss sollte jedem klar sein. Aber die passende Mischung macht doch eine lange Tour aus und dieser Tourtipp vereint einige tolle Trails mit touristischen Highlights und ordentlich Höhenmeter.
Los geht´s an der Zeche Ewald direkt über den Crosscountry-Trail und anschließend hoch auf die benachbarte Halde Hoppenbruch mit der blauen Abfahrt. Am Rhein-Herne-Kanal könnt Ihr Euch kurz entspannen und passiert dabei mit dem „Singing Mountain“ eine der für mich skurillsten Haldenerlebnisse des Ruhrgebiets. Schließlich sorgt der Brammen.Trail für das nächste Mountainbike-Highlight und Grinsen im Gesicht. Über einen Uferweg geht es weiter zur Halde 19, auf dessen Top eine Seilscheibe steht.
Ein klassischer Wald-Trail führt Euch über eine stillgelegte Bahntrasse zur Halde Ostermann mit bestem Blick zum Tetraeder. Dieser wird anschließend erklommen, bevor Ihr Euch auf halber Strecke der gesamten Tour beim „Imbiss am Tetraeder“ mit einer leckeren Currywurst stärken könnt.
Es geht weiter durch den Norden Bottrops und schließlich erwartet Euch an der Halde Haniel das „höchste“ Gipfelglück des Ruhrgebiets.
Entlang des Rotbachs könnt Ihr Euch auf ein entspanntes Walderlebnis freuen und erklimmt mit der „Hühnerheide“ eine letzte kleine Halde, bevor Ihr durch den Duisburger Norden zum Landschaftspark Duisburg-Nord radelt und dabei nochmal tief in den „Pott“ eintaucht. Mit 86,7 Kilometern und 740 Höhenmetern bietet diese Tour sicherlich genügend Potential für einen epischen Saisonabschluss.
Alle Touren digital zum Nachradeln
Natürlich könnt Ihr diese Tipps ganz einfach auch digital nachradeln. Entweder schaut Ihr mal in unserer Komoot-Collection für Mountainbiker vorbei oder Ihr verwendet direkt die GPX-Daten im Infokasten. Ich hoffe jedenfalls, dass Euch die Trails genauso gut gefallen wie mir. In diesem Sinn: viel Spaß beim Nachradeln, wir sehen uns auf dem Trail!