Am vergangenen Sonntag konnte ich endlich den Emscher-Weg unter die Stollen meines Rades nehmen. Er stand schon lange auf meiner Bucketlist, „Was ich im Ruhrgebiet noch mit dem Rad erleben muss“. Von der Quelle in Holzwickede führt der Radweg mehr oder weniger entlang der Emscher bis zur Mündung in den Rhein bei Dinslaken. Die rund 100 Kilometer können sportliche Radler gut an einem Tag meistern. Wer es entspannter angehen möchte, kann aber natürlich auch zwei oder sogar drei Tage radeln. Die passenden Übernachtungstipps findet Ihr unten im Infokasten.
Radeln neben der Emscher – was man vorab bedenken sollte
Der Emscher-Weg gehört in jedem Fall zu den wichtigen Radfernwegen im Ruhrgebiet und vorab kann ich schon sagen: der Weg lohnt sich auf jeden Fall! Er führt mitten durch das Ruhrgebiet und wer ein wenig Zeit mitbringt, kann sich am Wegesrand auch Einiges anschauen. Aber über ein paar Dinge sollte man sich vorab im Klaren sein: noch ist die Emscher in weiten Teilen eher ein Abwasserkanal. Wer eine empfindliche Nase und Magen hat, für den ist wohl der untere Teil derzeit noch eher weniger geeignet. Denn der Umbau der Emscher (siehe Exkurs weiter unten) ist ja noch in vollem Gange. Wer das volle Emscheraroma genießen möchte, fährt so wie ich an einem heißen 30 Grad Tag. Wer dagegen etwas cleverer ist, sucht sich lieber einen etwas kühleren Tag aus, da riecht die Emscher nicht ganz so streng.
Außerdem verläuft der Emscher-Weg viel über die Arbeitswege der Emschergenossenschaft. Da, wo schweres Gerät im Einsatz ist, findet das Radlerherz nur selten feinen Asphalt. Für mich sind die Schotterwege aber dennoch klasse und ich fahre sie richtig gerne. Schmale Rennradreifen werden den Weg aber nicht meistern. Außerdem wird an der Emscher immer gebaut. Baustellen mit Umfahrungen gehören daher zum Alltag. Eine gute Vorbereitung und passendes analoges oder digitales Kartenmaterial sei Euch daher wärmstens ans Herz gelegt. Wer sich ausschließlich auf die Beschilderung konzentriert, wird sich schwer tun.
Anreise: mit dem Zug nach Holzwickede
Die Anreise mit der Bahn ist wirklich einfach. Ich bin von Essen mit dem RE nach Dortmund und dann weiter nach Holzwickede gefahren. Jetzt am Sonntag hatte ich sogar komplett leere Fahrradabteile – angenehmer geht es nicht. Am Bahnhof startet die Tour dann direkt am Knotenpunkt 45.
Zunächst geht es zum Emscherquellhof, ein schönes Fachwerkhaus mit Teich. Hier startet die Emscher ihre Reise durch das Ruhrgebiet und auch meine Radtour auf dem Emscher-Weg geht los!
Schon nach wenigen Metern passiere ich ein kleines Industriekultur-Idyll. Am Wegesrand liegt der Wetterschacht Margarethe. Nichts gewaltiges, sondern eher klein und unscheinbar. Aber genau solche Orte liebe ich im Ruhrgebiet.
Auf dem Weg zum Phoenix See in Dortmund
Am Anfang der Tour sehe ich nur wenig von der Emscher. Die Tour führt eher über Felder oder durch Siedlungen. Auf dem Weg nach Dortmund wächst zwar die Emscher immer weiter, aber wenn man sie passiert, ist sie unter einer dicken, grünen Blattschicht versteckt.
Erst am Phoenix See in Dortmund taucht sie so richtig wieder auf. Ich umrunde den See am Nordufer. Hier am See ist viel los, daher drossel ich das Tempo. Eine Infotafel erklärt mir, wie der See entstanden ist.
Da ich nach der langen Anreise schon etwas unterwegs bin, gönne ich mir noch schnell ne ordentliche Currywurst bei „Wurst mit Soße“ als Wegzehrung.
Der Emscher-Weg entlang der renaturierten Emscher
Vom Phoenix See verläuft der Emscher-Weg über schöne Radwege am ehemaligen Stahlwerk Phoenix West, dem Westfalenpark und später dem Fußballstadion des BVB vorbei Richtung Westen. Nach einem ordentlichen Zwischenanstieg verläuft der Weg nun über etliche Kilometer direkt an der Emscher entlang. Dieser Abschnitt ist bereits schön renaturiert. Jetzt, Ende August, erstrahlt überall am Wegesrand die Goldrute in herrlichem Gelb und das Radeln macht richtig Freude.
Kurz nach der Halde Deusenberg an der Kokerei Hansa muss ich auf eine erste Baustellenumfahrung. Aber auch die Alternativroute über Felder ist schön und ordentlich ausgeschildert. Zurück an der Emscher kommt nun ein Teilstück, wo man ordentlich Kilometer fressen kann. Auf sauberem, relativ feinem Schotter fliege ich gefühlt gen Westen. Natürlich könnt Ihr auch hier Pausengelegenheiten finden, aber ich will erstmal vorankommen.
Ein kleiner Exkurs: die Emscher
Der Umbau der Emscher ist aktuell Europas größtes Renaturierungsprojekt. Rund 5,38 Mrd. Euro werden investiert, damit die Emscher wieder ein natürlicher Fluss wird. Noch ist der untere Lauf ein Kanal, in dem nicht unbedingt das sauberste Wasser fließt. Im Oberlauf erstrahlt die Emscher dagegen schon in schöner, grüner Pracht. Die Mündung der Emscher musste übrigens mehrmals verlegt werden. Ursprünglich floss sie bereits in Duisburg in den Rhein, doch durch Bergsenkung aufgrund des Steinkohlenbergbaus musste die Mündung ins niedriger gelegene Dinslaken verschoben werden.
Für mich ist die Emscher ein Sinnbild für das Ruhrgebiet. Unscheinbar und von Vielen völlig unterschätzt, war und ist sie noch heute das Arbeitstier unter den Flüssen im Ruhrgebiet. Während die Ruhr im Süden schon früh im letzten Jahrhundert als Ausflugsziel beliebt war, bekam die Emscher den Spitznamen „Köttelbecken“. Dabei wäre die wirtschaftliche Entwicklung ohne die Emscher undenkbar gewesen. Ihr gehört daher der eigentliche Ruhm und ich bin froh, dass sie nun endlich wieder ein natürliches Antlitz bekommt. Je weiter die Renaturierung der Emscher voranschreitet, desto interessanter wird der Emscher-Weg für Radfahrer.
Wenn der Fluss zum Kanal wird
In Herne nehme ich zum ersten Mal den typischen Emschergeruch war. Der Fluss hat sich verändert, was bis eben noch plätscherte, fließt zunehmend langsam und leider auch spürbar dreckiger dahin. Mit dem Rad geht es dagegen weiterhin gut vorwärts. Bis ich am Stadthafen in Recklinghausen entsetzt stehen bleibe. Ein inbrünstiger Schrei hat mich tief erschrocken. Ich schaue auf, ein mobiler Bungee-Tower direkt am Wasser war wohl die Ursache für den Schrei. Eine glücklich strahlende Dame hängt kopfüber am Seil unter dem Hebekran. Naja, wer es lieber gemütlicher mag, findet hier am Beach oder im Umspannwerk Recklinghausen auch entspanntere Pausenmöglichkeiten.
Für mich geht es weiter mit dem Rad auf dem Emscher-Weg. Es wird wieder städtischer, eine erneute Baustellenumfahrung führt über kleinere Straßen. Zurück an der Emscher gelange ich nach Gelsenkirchen, auch die Schalke Arena ist gut sichtbar.
Am Rhein-Herne-Kanal nach Oberhausen
Nun folgt der Emscher-Weg eine Zeit lang dem Schifffahrtskanal. Jugendliche schwimmen im kühlen Wasser, im Nordsternpark tauche ich meine glühenden Füße selber kurz ins Wasser eines schönen Wasserspielplatzes. Später am Wegesrand passiere ich noch die große Kläranlage Bottrop. Denn schließlich soll das Emscherwasser etwas später in Dinslaken sauber an den Rhein übergeben werden.
Als schöner Zwischenstop kann ich den BernePark in Bottrop mit nettem Restaurant empfehlen. Die ehemalige Kläranlage wurde im Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 zu einem Park umgestaltet. Das Parkhotel Bernepark gehört sicherlich zu den ungewöhnlichsten Übernachtungsorten im Ruhrgebiet.
Kurz nach dem Gasometer Oberhausen zweigt der Emscher-Weg dann ab Richtung Norden. Im Oberhausener Stadtteil Biefang folgt eine große Baustellenumfahrung, die auch nur teilweise ausgeschildert war und entlang größerer Straßen führt. Da der gesamte Abschnitt nicht so schön war, empfehle ich Euch hier die weiträumige Umfahrung über die HOAG-Trasse (bereits ab der Brücke vom Grünen Pfad am Knotenpunkt 13).
Die Zielgrade bis zum Rhein
Die letzten Kilometer verlaufen dann wieder über weite Teile direkt auf dem Damm der Emscher. Die Renaturierung wird dieses Gebiet eines Tages spürbar verändern, doch noch fließt das dunkle Wasser langsam im Kanalbett. Direkt an der Mündung fällt die Emscher dann mit einem kleinen, unspektakulären Wasserfall in den Rhein hinein.
Meine Reise endet hier direkt am Knotenpunkt 4. Ich blicke in einen schönen Sonnenuntergang und merke, dass der Emscher-Weg zwar auch an einem Tag machbar ist, man dann aber auch jeden Kilometer in den Knochen spürt. Aber es waren schöne Radkilometer, die ich gerne weiterempfehle.
Nun wünsche ich Euch, wie immer, viel Spaß beim Nachradeln. Der Emscher-Weg wartet auf Euch!
Lieber Jochen,
komme erst jetzt dazu dir zu schreiben. War noch danach auf dem ehemaligen Bahntrassenweg Oberbarmen, Opladen, sowie Bahntrassen in der Eifel Polch.
Leider hab ich den Emscherweg nur einen kleinen Teil befahren. Also ich kann leider nicht von der Schönheit des Weges schreiben. Ich gebe zu das vielleicht mein Alter dazu beigetragen hat. Ab Dortmund wurde die Strecke sehr unrund. Baustellen und Beschilderungen unübersichtlich. Befragen durch Fahrradfahrer in Dortmund, die sich Ausgaben als Kenner, haben mich bewogen ab Uni Dortmund den Emscherweg zu verlassen um zum Ruhrweg zu gelangen.Den kannte ich zwar und hab dann den Heimweg ab Mülheim Ruhr/ Werden quer übers Bergische Land nach Solingen,Leverkusen, Bergisch Gladbach genommen. Diese Rückfahrt hat mich zwar an meine Grenzen geführt und an Touren durch den Schwarzwald erinnert.
Trotz allem war auch dein Bericht für mich eine Bereicherung. Bleibe gesund und schreibe weiterhin so nette Berichte.
Viele liebe Grüße aus Bergisch Gladbach
Helmut
Erst einmal lieben Dank für diesen guten Artikel. Werde diese Tour am Donnerstag angehen. Werde mich zum Ende dann nochmal melden, wie es gelaufen ist.
Danke
Hallo Helmut,
da bin ich sehr gespannt auf Deinen aktuellen Bericht. Bin die gesamte Strecke jetzt auch schon ne Weile nicht geradelt. Da hat sich selbst in der kurzen Zeit schon wieder einiges verändert – mit dem neuen Emscherland in Castrop-Rauxel und der renaturierten Emschermündung. Viel Spaß bei Deiner Radtour
Jochen
Danke für den interessanten Artikel!
Ich würde gerne diesen Sommer eine Woche lang im Ruhrgebiet radfahren, und zwar mit Radverleih und nur in einem Hotel. Jetzt weiß ich aber nicht, in welcher Stadt ich das Hotel nehmen soll. Es müsste irgendwie ein Ort sein, von dem man gut zu den Radwegen kommt und natürlich abends zurück zum Hotel. Mich interessieren vor allem die Mischung von Industrie und Natur, z. B. Emscher, Rhein-Herne-kanal, u.s.w. Hat jemand einen Tip für mich? Danke schon mal!
Hallo Rolf,
schön, dass Dir der Artikel gefällt! Unter https://www.radrevier.ruhr/de/unsere-revierrouten.html findest Du die 15 besten Radtouren durchs Ruhrgebiet, unsere RevierRouten. Passende Bett+Bike-freundliche Unterkünfte, sortiert nach Städten, findest Du wiederum hier: https://www.radrevier.ruhr/de/radurlaub-im-ruhrgebiet/bettundbike.html.
Liebe Grüße und viel Spaß bei Deiner Tour durchs radrevier
Katalina